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TradingBrothers Blog

USA & Europa: Ein transatlantisches Wettrennen der Zinspolitik

Die aktuelle Zinspolitik zeigt klare Unterschiede zwischen den USA und Europa und verdeutlicht, wie unterschiedlich die beiden Wirtschaftsräume auf die Herausforderungen der Inflation reagieren. Während die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bislang eine aggressive Zinsanhebungspolitik verfolgte, versuchte die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer Zinswende im Juni, einen Vorsprung zu erzielen. Die kürzliche Zinssenkung vor der US-Wahl verdeutlichte eindrucksvoll die weitreichenden Auswirkungen der Politik auf die Inflationsdynamik, die Wechselkursentwicklung und die wirtschaftliche Stabilität beider Regionen. Wer hat beim Blick auf die Euro-Dollar-Paarität die Nase vorn, wenn doch schlussendlich beide im selben "Boot" sitzen?

Inflation und Zinspolitik in den USA

In den letzten Jahren stand die Bekämpfung der Inflation ganz oben auf der Agenda der Fed. Nach einer Reihe von Zinsanhebungen seit 2022 konnte die Inflation in den USA von ihren Höchstständen heruntergebracht werden und bewegt sich nun bei etwa 2,4 %. Dies liegt zwar nahe dem Zielwert der Fed von 2 %, jedoch zeigt die Kerninflation, die volatilere Komponenten wie Lebensmittel und Energie ausschließt, nach wie vor eine gewisse Stabilität bei rund 2,6 %. Diese anhaltend hohe Kerninflation lässt die Fed zögern, die Zinsen noch weiter zu senken, auch wenn die unerwartete Zinssenkung ein Geschenk an die Demokraten kurz vor der US-Wahl dem Versuch einer politischen Rettungsmission gleich kam.

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*USA und Europa im "Wettrennen" um die Auswirkungen der Zinspolitik

Vorsicht bei Zinssenkungen in den USA

Beobachter der US-Politik gehen nun davon aus, dass die Fed nun nach der Wahl wieder mehr abwarten wird, und die Inflationszahlen wieder mehr forciert. Das wird automatisch die ambitionierten Wahl-Versprechen von Donald Trump auf die Probe stellen. Gleichzeitig spielt auch der Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung der Fed. Die nun in Frage gestellte Stabilität auf dem Arbeitsmarkt nach der US-Wahl und auch die Konsumausgaben beeinflussen die Preisdynamik und könnten die  FED zwingen eine vorsichtige Haltung bei zukünftigen Zinssenkungen einzunehmen. Spannend wird es bei der Veröffentlichung der künftigen Arbeitsmarktdaten: Werden sie weiter im Nachhinein korrigiert oder nun in ,,Echtzeit" dargestellt, um sie den Republikanern in die Schuhe zu schieben? Es tobt - vor unseren Augen - ein Informationskampf auf mehreren Ebenen!

Zinspolitik und Inflationsbekämpfung in Europa

In der Eurozone verfolgt die EZB eine deutlich zurückhaltendere Strategie. Zwar hat sie ihren Einlagesatz zuletzt um 25 Basispunkte gesenkt, sodass dieser nun bei 3,25 % liegt, doch bleibt die Inflation in der Eurozone hartnäckig über dem Zielwert der EZB. Diese verzögerte Reaktion der EZB resultiert teils aus der Sorge, die konjunkturelle Entwicklung der wirtschaftlich schwächeren Mitgliedsstaaten der Eurozone nicht zu gefährden. Zudem führen strukturelle Unterschiede zur US-Wirtschaft und das gegenwärtige Segelrasseln zu einer verunsicherten Reaktion auf die politischen Entscheidungen. Auch der zunehmend stotternde Motor der EU, Deutschland, fällt als ehemals potentes Zugpferd der EU-Politik nicht nur weg. Der überlastete Gaul wird krank! 

Der Einfluss der Zinspolitik auf die Wechselkurse

Die unterschiedliche Zinspolitik hat spürbare Auswirkungen auf die Wechselkurse: Der US-Dollar konnte gegenüber dem Euro deutlich an Wert gewinnen. Nach der jüngsten US-Präsidentschaftswahl und dem erneuten Wahlsieg von Donald Trump zeigen sich jedoch viele Marktteilnehmer besorgt über die angekündigten Steuersenkungen, die eine inflationsfördernde Wirkung haben werden. Diese kurzfristige Perspektive stützt den Dollar und lässt den Euro weiter an Wert verlieren. Eine schwache Währung ist noch nie im Interesse der deutschen Industrie gewesen.

Parität zwischen Euro und US-Dollar als mögliches Szenario?

Die Aussicht auf eine Parität zwischen Euro und US-Dollar (also ein Wechselkurs von 1:1) ist nicht mehr unrealistisch, da Analysten und auch wir davon ausgehen, dass sich die EZB in den kommenden Monaten weiterhin zurückhaltender zeigen wird als die FED. Ein starker Dollar und ein schwacher Euro zeigen Auswirkungen auf die Wirtschaft der Eurozone, da Importe teurer werden und die Inflation wieder steigen könnte. Obendrauf kommen die angekündigten "Straf"- Zölle in Richtung unserer Freunde aus den USA. 

Die möglichen Folgen für Investoren und Verbraucher

Für europäische Verbraucher und Unternehmen hat die aktuelle Zins- und Wirtschaftspolitik direkte und indirekte Konsequenzen. Teurere Importe aufgrund des schwächeren Euros erhöhen die Kosten für Unternehmen, die auf Rohstoffe und Vorproduktion aus dem Ausland angewiesen sind - dies wird sich auf beiden Seiten des Atlantiks auf die Verbraucherpreise auswirken. Die Ankündigung von Trump, dass deutsche Autobauer zu amerikansichen Unternehmen werden sollen, passt dabei ins Bild und findet mit Sicherheit aufgrund der aktuellen Lage in Deutschland Gehör. Auch für Investoren bleibt die Situation herausfordernd. Höhere Zinsen in den USA machen US-Anleihen attraktiver, was Kapitalströme in die USA verstärken könnte und den Euro weiter schwächen würde. Vom Weihnachtsshopping in New York mal ganz abgesehen, hat dies auch ...

Konsequenzen für Kreditnehmer und Hypotheken

Für private Kreditnehmer, insbesondere Immobilienkäufer, bleibt die Entwicklung der Zinsen von zentraler Bedeutung. Der "American Dream" stellt sich ebenso beschwerlich dar, wie der Hauskauf im Speckgürtel von Berlin, Hamburg und München. Während die FED den Leitzins bereits mehrfach gesenkt hat, liegt der Ball nun bei der EZB, die sich trotz des Vorsprungs im Juni nun gezwungen sieht, beim Spagat zwischen Inflationsbekämpfung und Standortsicherung keinen "Leitzinsbruch" zu holen. Dies könnte Hypotheken, Kredite und Investitionen in Europa erneut ins Wanken bringen und die finanzielle Belastung für Verbraucher nochmals erhöhen.

Fazit: Ein fragiles Gleichgewicht

Die aktuellen Zinspolitiken der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank zeigen deutlich unterschiedliche Ansätze zur Inflationsbekämpfung und wirtschaftlichen Stabilisierung. Während die Fed eine agile Zinserhöhungspolitik verfolgt, reagiert die EZB zurückhaltender, was zu einer schwächeren Euro-Währung und steigenden Importkosten für die Eurozone führt. Eine mögliche Parität zwischen Euro und US-Dollar könnte die wirtschaftliche Lage in Europa weiter belasten. Für Investoren und Verbraucher ergeben sich herausfordernde Zeiten, da steigende Zinsen in den USA die Kapitalströme anziehen und die finanzielle Belastung in Europa erhöhen könnten - während Deutschland als Motor der Europäischen Union mit Neuwahlen belastet und beschäftigt ist. Die kommenden Wochen und Monate werden definitiv in die Geschichtsbücher eingehen.